Freitag, 20. April 2012

Newsletter 05: Chemobeschwerden

Meinen Lieben,

heute, einen Tag nach meinem Geburtstag will ich mich bei euch noch mal für alle Karten, Blumen und Anrufe der letzten drei Wochen bedanken und euch kurz schreiben, wie es mir mittlerweile geht.


Letzten Donnerstag habe ich die zweite Chemo bekommen. Wie das so läuft? Ich muss einen Tag früher anrufen und fragen, ob sie mit meinen Blutwerten zufrieden sind und ob ich kommen darf. Am Donnerstag werde ich von einem älteren Herren (Taxi) in die Uni kutschiert. Dann wird noch der Blutdruck gemessen, gewogen und dann muss ich im Wartezimmer warten, bis mein Chemoarzt mich aufruft. Der gute Mann ist kaum älter als ich, redet kaum deutsch, hat einen schlafwandlerischen Gang, einen Händedruck, wie ein Mädchen...aber ja....Dann werde ich gefragt, welche Nebenwirkungen ich das letzte Mal hatte und welche Medikamente ich denn gerne hätte!? Dann werde ich in einen Raum mit drei bequemen Sesseln gebracht und an die Infusion angedockt. Ich hatte die letzten zwei Male Gesellschaft von einer älteren Dame, die gerne über die Krankenschwestern ablästerte. Eher eine nervige Zeitgenossin. Dann wird mir erst Kochsalzlösung eingeflöst und dann der "rote Campari". Das ganze dauert 2,5 Stunden. In der Zeit renne ich ständig aufs Klo und lese, was in der Bibliothek so rumliegt. Dann werd ich wieder abgeholt. Am selben Tag noch war ich nur etwas schlapp und hatte Blasenschmerzen. Dann konnte ich aber die Nacht überhaupt nicht schlafen von dem Cortison und den Hitzewallungen, die mich 24 h am Tag begleiten. Am folgenden Tag war mir deshalb zeitweise ganz schön elend. Auch von dem scheußlichen Geschmack im Mund. Man möchte die ganze Zeit etwas essen, damit es nicht so fruchtbar schmeckt und andererseits wird einem beim Essen dann ganz schlecht. Das Wochenende danach war für Dominik und mich dann sehr anstrengend. Jael hat seit Samstagnacht kaum eine Nacht länger als drei Stunden am Stück geschlafen und auch Louis hat dreimal ins Bett gemacht. Ich selber konnte noch am Wochenende kaum aufstehen, weil ich mich einfach elendig gefühlt habe. Schlafen ging nach wie vor nicht. Am Montag habe ich, wie letztes Mal von der Nase abwärts Muskelschmerzen bekommen, die bis Mittwoch angehalten haben. Somit war es diesmal für mich irgendwie heftig. Am Montag war ich durch die schlaflosen Nächte am Tiefpunkt, und ich habe mich gefragt, wie das alles 6 Monate gehen soll. Aber schon am Dienstag ging es wieder bergauf. Gestern habe ich mir mal eine Schlaftablette reingeschoben, so dass ich mal drei Stunden am Stück schlafen konnte. Jetzt leg ich mich nur noch einmal am Tag hin. Ich freue mich, dass ich nach einer Woche schon wieder so fit bin und heute mit Louis Fahrradfahren üben konnte. Und ich genieße jeden Tag, den ich ohne Infekte und Wehwehchen bis zur nächsten Chemo haben darf.


Ah, ich hab vergessen zu erwähnen, dass ich am Mittwoch an einem Kosmetikseminar für Chemopatientinnen teilgenommen habe. Ich musste leider wieder feststellen, dass ich nicht der Typ für solche "Selbsthilfegruppen" bin (wer mich kennt, weiß dass ich auch schon die Geburtsvorbereitungskurse so ätzend fand) oder es lag daran, dass alle anderen Teilnehmerinnen um die 50 Jahre alt waren. War zuerst etwas erstaunt, dass ich die einzige mit Haarverlust bin, bis alle ganz fröhlich und ungeniert die Perücken abgenommen haben und ich in einem Kreis von lauter alten Glatzköpfen saß. Am Ende hatte ich eine Wundertüte vollbepackt mit Kosmetika im Wert von 200 Euro! Die Kosmetika gingen farblich leider ganz und gar nicht, so dass ich nur mit zwei Stiften etwas anfangen konnte.

Dominik hat mir gerade ganz amüsiert die Packungsbeilage von den Schlaftabletten vorgelesen, die ich euch zum Schluss nicht vorenthalten will:
Schlafwandel und damit verbundene Verhaltensweisen:
Es liegen einige Berichte von Patienten vor, die sich beim Aufwachen nach der Einnahme des Schlafmedikamentes nicht mehr an Ereignisse erinnern, die sie während des Schlafes unternommen hatten. Dazu gehören Schlafwandeln, Autofahren im Schlaf, Zubereiten und Verzehren von Mahlzeiten, Telefonieren oder Geschlechtsverkehr. Wenn jemand in ihrer Umgebung derartige Reaktionen bemerkt, wenden Sie sich an ihren Arzt.

In diesem Sinne: haltet Augen und Ohren offen!

Sonntag, 8. April 2012

Newsletter 04: Die Haare fallen


Meine Lieben,

die letzten zwei Wochen habe ich an Infekten mitgenommen, was es im Umkreis zu bieten gab. Ich hoffe allerdings, dass ich den Magen-Darminfekt von Louis nicht auch noch bekomme, so dass ich am Donnerstag zur Chemo antreten kann.
Louis durfte mir am Freitag die Haare schneiden, als meine Kopfhaut zu brennen angefangen hat. Jetzt langsam fallen mir die Haare ganz aus. Ich bin froh, wenn das auch überstanden ist.

Schon gewöhnungsbedürftig....