Montag, 21. Oktober 2013

Newsletter 21: Pasta-E-basta!

Liebe Leut,

ich war ganz happy, einen plastischen Chirurgen gefunden zu haben, der meine Sprache sprach. es gab nur noch ein paar kleine Details zu klären, weshalb ich mal wieder zum Brustzentrum marschierte. Mein lieber Professor sagte mir klar, dass es medizinisch eigentlich keinen Grund gäbe, dass ich meine bestrahlte Brust auch noch einer Mastektomie unterziehen lassen müsste. Das Rezidivrisiko würde dadurch auch nicht kleiner. Ich hätte somit das gleiche Risiko, wie jede andere Frau an einem weiteren Brustkrebs zu erkanken (immerhin 10%). Irgendwie war ich erleichtert, dass ich an einer zehn bis zwölfstündigen OP vorbei kommen sollte, dennoch war ich innerlich nicht ganz zufrieden und ganz verstehen konnte ich die Argumentation auch nicht.  Ich verdrängte diese Zweifel aber erfolgreich und marschierte daraufhin wieder zu meinem plastischen Chirurgen, um die OP zu besprechen.
Diesmal hatte er Verstärkung von einem Kollegen dabei. Er fragte mich, wozu ich mich entschieden hatte- eine oder beide Seiten? "Nur links", war meine Antwort.  Ab da wurde es für mich noch verwirrender:
Er fragte mich, wie ich zu der Entscheidung gekommen bin und merkte an, dass der Kollege vom Brustzentrum sicher Recht hätte, aber meiner BRCA1-Diagnose nicht ganz gerecht würde. Die Datenlage ist in meinem Fall unklar- bzw. es gibt einfach noch keine Ergebnisse von Langzeitstudien. Wir debattierten hin und her, bis er mir anbot, sich in Berlin beim BRCA1-Netzwerk zu erkundigen. Er schaute sich meine Fettpölsterchen auch noch einmal genauer an und lies mir folgende Entscheidung:
Entweder ich lasse eine beidseitige Mastektomie durchführen, dann könnte er das Eigengewebe vom Bauch nehmen, hätte dann aber nur noch Körbchengröße A oder ich lasse nur links operieren und er nimmt was von einer Poseite, damit, wenn rechts ein Rezidiv käme auch noch Gewebe von der anderen Pobacke da wäre.

Schon am selben Abend rief mir der plastische Chirurg Zuhause an und erzählte mir von der klaren Empfehlung, beider Seiten einer Mastektomie zu unterziehen. Wem soll man denn nun glauben? Einem plastischen Chirurgen- oder einem Professor vom Brustzentrum?

So langsam wusste ich nicht mehr, wem ich glauben sollte. Die nächsten Abende verbachte ich im Internet, um Dissertationen zu "Rezidivrisiko bei bestrahlter Brust vs. Mastektomie" und "Brusterhaltender OP bei BRCA1" etc zu lesen und merkte wieder einmal, wie vielschichtig das ganze Thema ist. Es gibt so viele verschiedenen Brustkrebsarten und so viele Studien, die diese Unterschiede in der Art gar nicht berücksichtigen. In Einem waren sich die Studien aber immer einig: bei jungen Frauen eher schlechte Langzeitprognosen. Jeden Abend war ich anderer Meinung. Fragt Dominik- der musste sich vorm Schlafengehen immer was anderes anhören.

Immerhin ist es keine kleine OP und das nur als Prophylaxe. Kleiner wäre gut zu verkraften- aber A???
Dazu konnte ich mich einfach nicht durchringen. Zwei Wochen ging es hin und her- ich steckte gedanklich in einer Sackgasse und wusste, dass ich eigentlich nur aus dem Bauch heraus entscheiden könnte- hatte aber panische Angst, das Falsche zu entscheiden. Die Meinung von anderen wollte ich nicht mehr hören!

Befiehl dem Herrn deine Wege- und hoffe auf ihn, er wird es wohl machen! Psalm 37,5

Ich wollte von Gott wissen, welches der richtige Weg für mich ist. Ich wollte wieder so einen inneren Frieden haben, wie bei den letzten Entscheidungen.

Ich war drauf und dran, mir nochmals beim plastischen Chirurgen und im Brustzentrum einen Termin zur Sprechstunde geben zu lassen, hatte am Mittwoch aber noch einen normalen Nachsorgetermin bei meinem Gynäkolgen, den ich erst hinter mich bringen wollte. Im Grunde hatte ich keinerlei Rat von ihm erwartet, ich dachte, meine Diagnose ist für einen einfachen Gyn einfach zu komplex. Aber- ich hatte mich geirrt. Erst einmal hat er sich eine halbe Stunde die tausend Meinungen zu meiner Mastektomie angehört und mich dann am Ende in all meinen Gedanken bestätigt und mir klar gesagt, dass es nicht klug wäre, mich nur auf einer Seite operieren zu lassen. Wörtlich: "Sie beißen sich in den Arsch, wenn  auf der bestrahlten Seite wieder etwas käme!"

Nach drei endlosen Wochen der inneren Unruhe, war ich von einem auf den anderen Moment wieder innerlich gelassenl und GLÜCKLICH!

Noch am selben Tag schrieb ich dem plastischen Chirurgen eine Mail über meine Entscheidung. Er rief mich noch am Abend an und verscheuchte meine letzten Befürchtungen zu der Operation: bei der heutigen Methode wird der Bauchmuskel verschont, so dass ich danach eigentlich keine Probleme beim Stehen haben dürfte.

Seither lass ich das mit: "Keine Kohlenhydrate nach 18 Uhr!", genieße jede Nudel und hoffe, dass sie direkt auf die Hüften schlägt. Wer weiß, vielleicht wird doch noch ein B daraus? Ich leg mich auf jeden Fall ins Zeug....


ps. Ich bin gerührt über die große Bereitschaft Eigengewebe zu spenden ;o)